Deutschland
Der Weg in die Freiheit
Vom 17. Juni 1953 bis zur Friedlichen Revolution 1989
Von wann bis wann war die Diktatur in der DDR und wie kam es dazu?
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs entstehen 1949 zwei deutsche Staaten. Die Bundesrepublik Deutschland entsteht auf dem Gebiet der drei westlichen Besatzungszonen.
Sie ist eine parlamentarische Demokratie mit Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Föderalismus. Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) wird im Bereich der sowjetischen Besatzungszone gegründet, dem Namen nach ein demokratisches Gemeinwesen. Mit Unterstützung der sowjetischen Machthaber errichtet die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) in der DDR ein diktatorisches Regime. Während der vier Jahrzehnte ihres Bestehens bleiben die DDR und ihre Staatsführung, wie die anderen sozialistischen Ostblockländer, weitgehend von der Sowjetunion abhängig.
Was kennzeichnet diese Diktatur?
Die DDR ist eine sozialistische Diktatur, die alleinige Macht liegt bei der SED. Offizielle Staatsideologie ist der Marxismus-Leninismus. In der DDR gibt es keine freien Wahlen, keine Pressefreiheit, keine Meinungsfreiheit und keine Versammlungsfreiheit.
Oppositionelle werden überwacht, verfolgt und eingesperrt. Das undemokratische System und wirtschaftliche Schwächen führen zu einer zunehmend kritischen Einstellung der Bevölkerung gegen das sozialistische Regime. Im Juni 1953 führt diese Unzufriedenheit zu einem landesweiten Aufstand. In Ost-Berlin protestieren am 16. Juni 1953 Bauarbeiter gegen die Regierung, sie verlangen eine Verbesserung der Lebensbedingungen. Am 17. Juni 1953 gehen zehntausende Menschen in Ost-Berlin auf die Straße und demonstrieren weitgehend friedlich gegen die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Sie fordern den Rücktritt der Regierung, freie und geheime Wahlen, die Zulassung aller demokratischen Parteien, die Freilassung der politischen Gefangenen und die Wiedervereinigung Deutschlands. In den folgenden Tagen weiten sich die Proteste auf die ganze DDR aus. Hunderttausende von Bürgerinnen und Bürgern überall im Land wenden sich gegen das Unrechtsregime.
Die Massendemonstrationen überfordern die SED-Führung, worauf die sowjetische Führung auf den landesweiten Volksaufstand reagiert: Erst wird der Ausnahmezustand verhängt, dann rollen sowjetische Panzer durch die Städte. Die sowjetischen Truppen, die DDR-Volkspolizei und der Staatssicherheitsdienst der DDR greifen hart durch. Bei dem Aufstand sterben mindestens 50 Menschen, Tausende werden verhaftet und zum Teil zu mehrjährigen Strafen verurteilt.
Die Ereignisse führen dazu, dass die SED-Diktatur den Staatssicherheitsdienst (Stasi) erheblich vergrößert und die Überwachung der Menschen verstärkt. Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR gilt heute als Meilenstein in der Auseinandersetzung zwischen Demokratie und Diktatur in Ostdeutschland. Die Repressionen der DDR-Führung nach den Junitagen führen zu einer Fluchtwelle in den freien Westen. Diesem „Aderlass“ an Menschen können die Machthaber nicht weiter zusehen. Im August 1961 wird daher die Mauer errichtet, zuerst in Berlin, dann entlang der gesamten innerdeutschen Grenze. So sichert die DDR ihre Existenz, gleichzeitig wird die Bevölkerung weiter bespitzelt und unterdrückt.
In den Jahrzehnten nach dem Mauerbau bemüht sich die DDR-Führung um eine Verbesserung der Lebensverhältnisse, was auch in einigen Bereichen gelingt (Versorgung mit Wohnraum und Konsumgütern, Sicherung der Nahrungsmittelversorgung). Aber weiterhin bleibt die Bevölkerung hinter der Mauer eingesperrt, nur Reisen in die sozialistischen „Bruderstaaten“ werden genehmigt. Seit den späten 1970er Jahren gibt es in der DDR bereits kleine Gruppen, die sich außerhalb des staatlich verordneten Rahmens gesellschaftlich organisieren. Hierzu zählen die Friedensbewegung („Schwerter zu Pflugscharen“) sowie Initiativen gegen Umweltverschmutzung. Einige Jugendbewegungen wie zum Beispiel „Skater“ und „Punker“ sind zwar zahlenmäßig klein, aber im Erscheinungsbild sehr auffällig und zeigen deutlich ihre Abneigung gegen das „System“. Sie alle werden von der Staatssicherheit intensiv überwacht und schikaniert. Auch die freiwillige Ausreise bzw. die erzwungene Übersiedlung (Ausbürgerung) von prominenten Künstlern aus der DDR in die Bundesrepublik (z. B. Wolf Biermann, Nina Hagen, Manfred Krug, Thomas Brasch), die gegen die Verhältnisse protestieren, macht die Unzufriedenheit im Land deutlich. Ein Schandfleck des DDR-Regimes bleibt die Mauer.
Über hunderttausend Menschen versuchen zwischen 1961 und 1988 aus der DDR über die innerdeutsche Grenze oder über die Berliner Mauer zu fliehen. Mehr als 600 von ihnen werden zwischen 1961 und 1989 von Grenzsoldaten der DDR erschossen oder sterben bei Fluchtversuchen. Allein an der Berliner Mauer werden zwischen 1961 und 1989 mindestens 140 Menschen getötet. Der letzte Tote an der Mauer ist der zwanzigjährige Chris Gueffroy, der bei einem Fluchtversuch am 5. Februar 1989 von DDR-Grenzsoldaten erschossen wird.
Wie endet die Diktatur?
Im März 1985 wird in der Sowjetunion Michail Gorbatschow vom Zentralkomitee (oberstes Entscheidungsgremien der Partei) zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei gewählt. Er wird damit de-facto zum Herrscher des Landes. Gorbatschow führt die Konzepte Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umstrukturierung) in die politische Arbeit ein.
Die neuen Freiheiten im Ostblock haben auch Auswirkungen auf die DDR (wie auf alle „Bruderstaaten“ der Sowjetunion). Gorbatschow lässt befreundeten Parteien und Regierungen in den Ostblockstaaten freie Hand für die innere Entwicklung ihrer Länder. Die DDR-Führung sträubt sich gegen den Reformkurs Gorbatschows und propagiert einen „Sozialismus in den Farben der DDR“. Die SED-Führung stellt sich damit gegen die Konzepte von Perestroika und Glasnost und lehnt die Reformansätze in Polen und Ungarn ab. Es soll keine grundlegenden wirtschaftlichen und politischen Reformen geben, keine demokratische Teilhabe und keine Rede- und Pressefreiheit. In der DDR-Bevölkerung, aber auch bei etlichen SED-Mitgliedern, stößt die Haltung der SED-Oberen auf Unverständnis und zunehmenden Widerstand. Im Mai 1989 finden in der DDR Kommunalwahlen statt. Eine Wahl im Sinne einer Auswahl zwischen mehreren, miteinander konkurrierenden Parteien, ihren Programmen und ihren Zielvorstellungen, wie bei freien demokratischen Wahlen üblich, gibt es dabei nicht. Unabhängige Bürgerinnen und Bürger überwachen erstmals in der Geschichte der DDR die Stimmenauszählung und weisen nach, dass die Wahlergebnisse manipuliert werden. Der landesweite Protest ist ein Aufbruchssignal für die Bürgerrechtsbewegung in der DDR.
Oppositionsgruppen rufen in der Folgezeit regelmäßig an jedem 7. eines Monats zu Protestaktionen auf, die Staatssicherheit versucht jeweils diese zu verhindern und verhaftet die Demonstrierenden. In Ungarn beginnt die kommunistische Regierung am 2. Mai damit, die Grenzanlagen zu Österreich abzubauen. Der „Eiserne Vorhang" beginnt sich aufzulösen, es setzt eine Massenflucht von DDR-Bürgerinnen und Bürgern ein, die über Ungarn nach Österreich gelangen. Vom Spätsommer 1989 an kommt es landesweit regelmäßig zu Montagsdemonstrationen mit anfangs wenigen hundert Teilnehmenden, die bis in den Oktober 1989 auf viele zehntausend Demonstrierende anwachsen. Am 18. Oktober tritt der Staatschef Erich Honecker zurück, Egon Krenz ersetzt ihn und bietet der Bevölkerung Reformen an. Der Machtverfall der Staatspartei ist aber damit nicht aufzuhalten. Am 4. November demonstrieren hunderttausende Menschen auf dem Berliner Alexanderplatz gegen die Regierung und für mehr persönliche Freiheiten. Es ist eine der größten Demonstrationen, die es jemals in Deutschland gegeben hat. Während einer Pressekonferenz in Ost-Berlin am Abend des 9. November 1989 verkündet SED-Politbüromitglied Günter Schabowski, dass DDR-Bürger ab sofort in den westlichen Teil Deutschlands reisen können. Dies führt in Ost-Berlin zu einem Ansturm auf die Sektorengrenze und schließlich in den späten Abendstunden des 9. November zur Öffnung der Mauer.
Die sogenannte Friedliche Revolution in der DDR kommt hiermit zu einem glücklichen Ende, unter anderem auch dadurch begünstigt, dass die Sowjetunion ihren Satelliten-Staat DDR diesmal nicht mehr „beschützt“. Am 3. Oktober 1990 wird Deutschland offiziell wiedervereinigt. Auch die ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts erlangen in den 1990er-Jahren in Mittel- und Osteuropa Freiheit und Demokratie. Die Forderungen des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 nach Freiheit und Demokratie erfüllen sich für die DDR letztlich durch die Friedliche Revolution.
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Mehr InformationenDie Friedliche Revolution, DW-TV